Emotionale Szenen in Liebesromanen und historischen Romanen

Diese Woche ging es in unserer Autor_innengruppe wieder um ein ganz besonderes Thema: emotionale Szenen. Nun sind gerade diese Szenen, die dramatischen Liebesgeständnisse, Szenen, in denen Verlust und Schmerz oder in meinem Fall auch die Kriegsgräuel thematisiert werden, in Liebesromanen und historischen Romanen von besonderer Bedeutung, weshalb ich ein wenig ausführlicher darauf in diesem „Autoren-Kaffeekränzchen“ eingehen möchte.

Voraussetzungen für das Schreiben emotionaler Szenen

Ich bin der Ansicht, dass gerade Gefühle etwas sind, das der goldenen Regel des Schreibens „Schreib über Dinge, die du kennst“ unterliegt. Wer ein Gefühl nicht kennt, der kann es nicht richtig beschreiben und läuft Gefahr, dass er oder sie die Emotion auf etwas Profanes herabbricht und ihr damit nicht gerecht wird. Ansonsten liest im schlimmsten Fall eine Person diesen Roman, die wirklich Erfahrungen mit diesem Gefühl gemacht hat und ist im besten Fall noch befremdet, im schlimmsten Fall aufgebracht und liest niemals wieder eine Zeile von mir.

Lieblingsszenen
Mein Debütroman „Als das Schneeglöcken fliegen lernte“ (2020)

Ein solches Beispiel ist die Darstellung einer Fehlgeburt in meinem Roman „Das Flüstern der Ewigkeit“ oder der schmerzhaften Sehnsucht in „Als das Schneeglöckchen fliegen lernte“. Ich hätte mich niemals an diese Szenen gewagt, wenn ich das Gefühl gehabt hätte, sie nicht vernünftig darstellen zu können.

Als Beispiel: Wer noch nie einen großen Verlust erlebt hat, kann sich noch so gut in Berichte einlesen, wie sich dieser Verlust anfühlt. Aber man kann es nicht auf Papier bringen. Wer dagegen das Gefühl kennt, in diesem Verlust vor Schmerz beinahe selbst zu sterben, der hat die Grundlage dafür. Denn Gefühle drücken sich so vielfältig aus, dass man gut in sich selbst hineinhorchen muss. Wo hat man diesen Verlust gespürt? Waren es körperliche Schmerzen? Waren es Gedanken, die sich überschlagen haben? Was waren das für Gedanken? War einem schlecht? Hat man gezittert? Und dann vergleicht man seine eigene Reaktion mit der anderer Personen. Emotionen sind also auch etwas, das man recherchieren kann.

Denn es ist wichtig die Emotion verstanden zu haben, um sie auf die Figur übertragen zu können. Und dabei ist es bedeutend, dass man die Emotionen aller Figuren nachvollziehen, ja selbst fühlen kann. Auch die des Antagonisten und der unbedeutensten Nebenfigur.

Schreiben mithilfe von Musik

Für mich ist die wichtigste Hilfe beim Schreiben unterschiedlicher Emotionen Musik.

Inzwischen habe ich zahlreiche Playlists für die unterschiedlichsten Szenen. Anfangs war das eine recht grobe Einteilung in Liebesszenen, traurige Szenen, Schlachtszenen. Inzwischen ist die Aufteilung sehr detailliert. Da gibt es Liebesszenen auf Bällen, einsame Liebesszenen, dramatische Liebesszenen, Happyend, Schlachtszenen im Kampf, Sterbeszenen in der Schlacht…

Manche Szenen sind so sehr mit einem gewissen Lied verbunden, dass sie sich unweigerlich vor meinem Auge abspielt, sobald ich das Lied höre. So beispielsweise das Lied „Fire on fire“ von Sam Smith, das ich während aller romantischen Szenen in „Das Flüstern des Löwenzahns“ gehört habe und das mich so sehr inspiriert hat, dass ich einige Bilder aus dem Text übernommen habe. Ebenso geht es mir im Augenblick mit dem Lied „A Million Dreams“ aus dem Film „The Greatest Showman“, wenn ich Szenen aus den Erinnerungen meiner beiden Protagonisten schreibe.

Eine kleine Playlist

  • Romeo und Julia (2013) : Dramatische Liebesszenen
  • Blue Dream: Romantische Szenen
  • O Verona: Dramatische Kampfszenen (außer wenn man seit Waterloo 2022 die Wattebausch-Wohlfühlarmee im Kopf hat, wie sie aufs Schlachtfeld zieht)
  • Kissing You und Balcony Scene ebenfalls aus demselben Film (bitte, liebe Verantwortliche jedweder Gefechtsnachstellung, das benutzen wir bitte nicht 🙂 obwohl es definitiv eine neue Qualität in die Darstellungen bringen würde
  • Gladiator: Kampfszenen
  • Jurrivh: Traurige Szenen, Sterbeszenen

Schreiben mithilfe von Bildern

Oftmals sind es auch Bilder, Gemälde oder Fotos, die eine Emotion auslösen und die helfen, diese immer wieder abzurufen. Vielleicht ist es der Ausdruck einer Person auf diesem Bild, vielleicht berührt die dargestellte Szene etwas in einem und dieses Gefühle sollte deshalb eingefangen werden. Dabei bin ich nicht fixiert auf meine Epoche, sondern sammle diese Bilder querbeet.

Einige solcher Beispiele habe ich Euch einmal mitgebracht. Das Foto zeigt beispielsweise das Opfer eines recht populären Kriminalfalls um 1900 in Poitiers und ich war zum wiederholten Male vor ein paar Tagen in einem Zeitungsartikel darauf aufmerksam geworden. Dabei fiel mir dieses Foto in die Hände und kam in die Sammlung für eine geplante neue Romanreihe. Es war der Ausdruck im Blick dieser Frau, dazu ihr Schicksal, weshalb ich dieses Foto aufgehoben habe.

Ein anderes Beispiel sind diese Bilder. Das Foto der Vivandiere begleitete mich während einiger schicksalhafter Szenen bei der Beschreibung der Schlacht an der Göhrde. Das Gemälde von John Brown und Queen Victoria inspiriert mich immer wieder zu Szenen in meinem aktuellen Manuskript „Von Löwen und Gänseblümchen“, das für Sommer 2023 geplant ist. Oder das Gemälde dieses Kindes, welches ich durch einen meiner Experten zugeschickt bekommen habe.

Auch gute und stimmungsvolle Fotos von Reenactment-Veranstaltungen sammle ich für diese Szenen. Manchmal entstehen dabei richtig gute Momentaufnahmen, beispielsweise, wenn die Herren nicht grinsend in die Schlacht ziehen.

Ich für meinen Teil erstelle dafür besonders für Schlüsselszenen eine Art Mood-Board, wo ich solche Bilder sammle. Manche helfen mir dabei in bestimmten Romanen einmalig, ein Gefühl zu Papier zu bringen. Andere habe ich immer bei mir und sie helfen mir immer wieder, wie diese Gemälde.

Ein solches Mood-Board kann man perfekt mithilfe von Pinterest erstellen. Ich habe dafür jedoch meine geliebten Notizbücher. Meine wichtigsten Fotos habe ich in einer extra Galerie auf meinem Handy immer greifbar.

Wann wird es zu viel?

Emotional aufgeladene Szenen müssen wie alles im Roman ausgewogen und bewusst eingesetzt werden. Wenn eine Figur jede ihrer Emotionen auf dieselbe exzessive Weise auslebt, dann nutzen sich die Szenen ab und man fragt sich, ob die Figur nicht besser einmal einen Therapeuten aufsuchen sollte.

Wie der Sturm im Frühling (2021)

Man sollte je nach Länge des Romans also nur eine begrenzte Anzahl von solch sehr emotionalen Szenen verwenden, damit sie ihre volle Wirkung entfalten können. Wo sie auftauchen, hängt vom Schreibstil ab. Manche passen gut auf die Höhepunkte, wenn man mithilfe des Dreiakter-Prinzips arbeitet, andere benutzen sie gerne als überraschende Twists.

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Autoren-Kaffeekränzchen

Themen:

Als das Schneeglöckchen fliegen lernte, Autoren-Kaffeekränzchen, Autorenleben, Das Flüstern des Löwenzahns, Historischer Roman, Liebesroman

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