Gefechtsdarstellung an der Göhrde
Hallo ihr Lieben,
vergangenes Wochenende durfte ich meine erstes napoleonisches Biwak und die dazugehörige Gefechtsdarstellung besuchen, was für mich eines der Highlights dieses Jahres war. Und nun versuche ich mich einmal daran, meine Erfahrungen von meinem ersten Biwak zusammenzufassen, da viele gefragt haben, wie das Ganze denn genau abgelaufen ist.
Um welche Schlacht und um welche Hintergründe es dabei geht, erzähle ich euch im zweiten Teil in ein paar Wochen, denn das ist etwas komplizierter 😊
Schlacht an der Göhrde? Noch nie von gehört!
Wenn man die meisten Leser nach den Napoleonischen Kriegen befragt, bekommt man die üblichen Namen der berühmten Schlachten genannt. Natürlich Waterloo, Austerlitz, Jena und Auerstedt, manchmal dann noch Borodino und den Rußlandfeldzug. Aber die Göhrde? Wo ist das überhaupt? Gab es da nicht mal einen Mord, der durch die Medien gegeistert ist? Aber eine Schlacht?
Ich wusste das auch lange nicht. Als ich jedoch recherchiert habe, inwiefern sich Frauen während der Napoleonischen Kriege als Militärangehörige ausgegeben haben, bin ich zum ersten Mal auf Eleonore Prochaska gestoßen, die das Ganze tatsächlich bei den Lützowschen Jägern durchgezogen hat- allerdings in der Schlacht an der Göhrde verwundet sowie enttarnt wurde und kurz darauf starb. Aber weil das Thema durch einen anderen historischen Roman bereits abgegrast war, habe ich mich lange nicht damit befasst.
Erst durch die Fotos von Andreas Springer und seiner Begeisterung für die Darstellung habe ich das Thema dann genauer beleuchtet und meinen Mann breitgeschlagen zur Gefechtsdarstellung anzureisen.
Was will man eigentlich bei so einer Gefechtsdarstellung?
Gerade in meinem Freundeskreis kam im Vorfeld schon die Frage auf, ob eine solche Gefechtsdarstellung nicht quasi napoleonische Ritterspiele und damit hauptsächlich etwas für Kinder sind. Ähhh… Nein 😊
In meinem nächsten Roman aus der „Wie der Sturm“- Reihe kämpft mein Held an der Göhrde und mein großes Problem war einerseits, dass ich die Gegend, also die Landschaftsverhältnisse und Distanzen zwischen den einzelnen Orten nicht abschätzen konnte, aber auch, dass ich mich bei Schlachtdarstellungen allgemein sehr schwer getan habe, weil ich so eine Napoleonische Schlacht und das gesamte Drumherum natürlich noch nicht gesehen habe. Außerdem wollte ich all die netten Herren, die mich seit Monaten in Emails und am Telefon bei der Beantwortung meiner Fragen unterstützen, einmal persönlich kennen lernen. Außerdem war es für jemanden wie mich, der eher zurückhaltend ist und der von solchen Situationen schnell erschlagen ist, der sanftere Einstieg in das Thema, als wenn ich direkt bei einer größeren Veranstaltung aufgeschlagen wäre.
Planungen über Planungen:
Unter Coronabedingungen war es dann allerdings sehr lange nicht klar, ob die Veranstaltung stattfinden kann- es sollte ja auch für alle sicher ablaufen. Erst drei Wochen vor der Veranstaltung wurde das Ganze genehmigt, allerdings mit der Einschränkung, dass die Zuschauer nicht ins Biwak, also zu den Zelten der Darsteller, dürfen. Das war für mich absolut nachvollziehbar- für meine Arbeit aber etwas blöd.
Glücklicherweise hat sich Herr Springer sehr für mich engagiert und mir zusammen mit dem Veranstalter, dem Vorsitzenden des Napoleonik e.V., ermöglicht, einen Darstellerzugang zu erhalten. Vielen Dank noch einmal dafür.
Der Ablauf
Schon recht früh morgens sind wir zusammen mit Herrn Springer zum Gefechtsfeld und dem Biwak gefahren. Ich hatte meinen Ehemann und meine beiden Kinder im Gepäck. Bevor das offizielle Programm begonnen hat, hat Herr Springer mich einmal im Biwak herumgeführt und rundherum vorgestellt. Bei den Alliierten, darunter die Kings German Legion, die Lützowschen Jäger, die Rocket Troop mit ihren Congrevschen Raketen und die Schwarzen Braunschweiger. Dass ich deren Uniform einfach wunderschön finde, hatte ich euch ja schon einmal erzählt, oder?
Und natürlich die Franzosen. Wer meine Arbeit ein bisschen nachverfolgt, wird festgestellt haben, dass ich eindeutig Team Grande Armée bin und deshalb habe ich mich bei den „ollen“ Franzmännern direkt sehr nett aufgenommen gefühlt. Kennen gelernt habe ich da dann den Caporal sowie einige Grenadiere des 8. Linienregiments sowie einen der Sappeure. Auch das Lager der 22. Demibrigade durfte ich mir ansehen. Die Kerle mögen es besonders realistisch und haben unter freiem Himmel auf Stroh geschlafen- wohlgemerkt hat es immer wieder geregnet. Alle waren gerade mitten beim Frühstück und in den Vorbereitungen für den Tag und das Gefecht.
Nach einem Feldgottesdienst, den die Franzosen größtenteils naturgemäß geschwänzt haben, wurde angetreten und es ging zum Denkmal der Göhrdeschlacht zur Kranzniederlegung. Ich finde es nämlich immens wichtig, dass allen Zuschauern bewusst wird, dass es sich um eine Veranstaltung handelt, bei der es einmal darum geht Geschichte erfahrbar zu machen, aber auch darum, an schreckliche, verlustreiche Kriege zu erinnern. Denn mir fällt immer wieder mit Entsetzen auf, wie viele Leute (und auch zahlreiche Besucher am Samstag) nur wegen lustiger Herumballerei kommen oder die Darsteller rundweg als Waffennarren und Kriegsverherrlicher darstellen.
Im Anschluss gab es verschiedene Vorträge zum Beispiel zur Stabsarbeit, zur Pockenimpfung und wieso die Menschen damals befürchtet haben, dass ihnen nach der Impfung Kuhhörner wachsen. Es gab Demonstrationen der Waffen und man konnte wirklich jeden zu allem befragen.
Das Gefecht
Am Nachmittag gab es dann endlich die Gefechtsdarstellung. Ich war ein wenig nervös, wie meine Kinder das wegstecken würden, denn gerade die Kanonen habe ich mir sehr laut vorgestellt. War es auch 😊. Das Gefecht war zwar recht überschaubar, aber man konnte sich ein gutes Bild davon machen, wie die einzelnen Truppenteile agiert haben könnten. Auch die Wirkung der Kanonen und der Congrevschen Raketen war recht eindrucksvoll.
Mein Highlight
Mein absolutes Highlight waren dann allerdings die Gespräche mit meinen Experten aus der Grande Armée. Vor dem Gefecht war es so, dass sich die Zuschauer immer wie die Aasgeier auf jeden Darsteller gestürzt haben, der sich hinter die Absperrung gewagt hat- Coronapandemie hin oder her. Das fand ich sehr anstrengend. Besonders, wenn man noch zwei kleine Kinder dabei hat.
Aber im Anschluss zur Schlacht, als sich die Zuschauer ziemlich rasch verkrümelt haben und nur noch wenige zur Uniformmodenschau geblieben sind, war es noch recht nett zu quatschen. Ich habe noch einmal genau die Funktionsweise von Musketen erklärt bekommen, durfte mir ansehen, wie verschmutzt so ein Teil nach der Schlacht ist und wie man sie anschließend reinigt. Auch die Uniform und Bewaffnung eines Sappeurs habe ich erklärt bekommen.
Meine Resümee
Was bleibt? Einmal, dass ich sehr froh und dankbar über die vielen „alten“ und neuen Kontakte bin. Sie bereichern meine Arbeit und auch mein Hobby sehr. Ich habe für meine Romane hauptsächlich viele akustische und visuelle Eindrücke sammeln können und unbewusst werden es einige besonders zotige Sprüche aus dem Biwak definitiv in meine Romane schaffen. Auch das Miteinander unter den Darstellern hat mich nachhaltig beeindruckt. So haben auch ausländische Darsteller aus Frankreich und Dänemark an der Veranstaltung teilgenommen. Ich freue mich schon auf die nächste Veranstaltung zur Völkerschlacht in Leipzig im Oktober.
Ach… da war ja noch etwas…
Ein paar interessante Links habe ich noch für euch:
8e Régiment d´Infanterie de Ligne
22e demi-Brigade d’Infanterie de Ligne
Kings German Legion – 2. Light Battalion
Kings German Legion– 5. Line Battalion
Liebe Grüße