„Lass uns Küsse raten“- Liebe, Ehe und andere Spiränzchen

Einige Zeit ist seit meinem letzten Blogbeitrag zu „Kakao, Kuchen und Musketen“ vergangen, weil ich hauptsächlich mit meinem Roman beschäftigt war. Jetzt gibt es aber doch endlich wieder einmal einen Einblick in das Leben meiner Romanhelden. Dieses Mal zu der Frage, wie eigentlich das Liebesleben in der Epoche meiner Romane aussah.

Die Entwicklung von der Revolution bis zur Kaiserzeit

Wenn man Filme oder Romane über die Epoche Napoleons liest, bekommt man häufig ziemlich viele Klischees aufgetischt. Ehen sind rein geschäftlich gestiftete Arrangements, die Männer hielten sich gerne eine oder mehrere Geliebte, die einfachen Bürger trieben es ganz besonders schlimm und von den Soldaten in der Armee, diesen Halbwilden, will man gar nicht reden. Die hatten ja ihre Trosshuren und vergewaltigten alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen war. So einfach ist das allerdings nicht. Gerade das Ideal, wie ein guter Bürger eine Familie zu führen hatte, wandelte sich mehrfach und das innerhalb kürzester Zeit.

Gerade während der letzten Jahrzehnte hatte der französische Adel das Prinzip von Mätressen salonfähig gemacht. Die Damen wurden öffentlich präsentiert, waren größtenteils sehr gebildete Frauen, die sich in das gesellschaftliche Leben einmischten und politisch engagierten. Auch herrschende Frauen übernahmen dieses Ideal und unterhielten sich einen Geliebten. Und was der Adel gut findet, findet das Bürgertum cool und versucht es im eigenen Rahmen nachzuahmen.

Dann allerdings kam die Revolution und diesen Eskapaden wurde abgeschworen, da sie eng mit dem Königtum in Verbindung standen. Ein aufgeklärter Bürger und wahrer Patriot übte zwar keinen asketischen Verzicht, aber er präsentierte sich als treusorgender Familienvater. Robespierre brachte es dann noch einmal deutlich wie er war auf den Punkt „Der Verderbte ist konterrevolutionär!“

Ein paar Jahre während des Directoire hatte man auf diese strikte Ordnung dann schon wieder keine Lust und man lebte sich ziemlich schamlos aus, während des Kaiserreichs war dann wieder eine gewisse Ordnung und Prüderie angesagt, obwohl es zahlreiche Beispiele von Frauen von moralisch nicht einwandfreiem Hintergrund gab, die in die obersten Gesellschafts- und Regierungsschichten aufstiegen. Auch waren Affären gerade in der Oberschicht kleine Skandälchen, aber durchaus an der Tagesordnung. So soll Kaiserin Joséphine ebenfalls zahlreichen außerehelichen Affären gegenüber nicht abgeneigt gewesen sein.

Dass es insgesamt jedoch nicht vollkommen züchtig zuging, zeigen auch solche Abbildungen, die ein verbreitetes Kussspiel zeigt. Dabei wurden einer Dame die Augen verbunden und sie musste raten, welcher der anwesenden Herren sie geküsst hatte.

Küsse-Raten in der Franzosenzeit, Künstler unbekannt

Die Ehe an sich wurde während des Kaiserreichs durch das Bürgerliche Gesetzbuch geregelt. Napoleon Bonaparte, der seine erste Frau aus tiefer Zuneigung gewählt hatte, sah in der Ehe während der folgenden Jahre hauptsächlich als Instrument seiner Machtsicherung an. Die Ehe hatte meist politische und ökonomische Zwecke. Das durften seine Verwandten am eigenen Leib erfahren, so fleißig wie er Ehen mit seinen Geschwistern in zahlreiche europäische Fürstenhäuser vorantrieb.

Die Situation der Prostituierten

Auch die Prostitution blühte noch einmal so richtig auf. Zehn- bis dreißigtausend Prostuierte (je nachdem wie man diese klassifiziert) sollen zu dieser Zeit allein in Paris gearbeitet haben. Und nein, die Franzosen waren in ihrer Hauptstadt nicht besonders lüstern unterwegs, in London vermutet man ähnliche Zahlen. Zu diesen Prostituierten gehörten Berufsprostituierte unterschiedlichen Preisniveaus, Frauen, die sich für eine entsprechende Bezahlung auch von einem einzelnen Mann aushalten ließen und ihm gewisse Privilegien zugestanden, aber auch Frauen, die dem Gewerbe nur gelegenheitsmäßig nachgingen. Die Prostitution wurde geduldet, lediglich Homosexualität und Sodomie wurden verfolgt.

Sie entstammten unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen: entlassene Hausangestellte, Zugewanderte vom Land, Witwen, Arbeiterinnen, deren Lohn zu gering ausfiel, als dass sie sich über Wasser halten konnten, Arbeitslose, gefallene Mädchen, aber auch Abenteurerinnen.

Die Lage in der Armee

Ja, da sah es dann schon etwas anders aus. Im Gegensatz zu beispielsweise den Briten waren die französischen Soldaten selten mit Weib und Familie unterwegs im Felde. Auch die Offiziere hatten ihre Frauen ausgesprochen selten dabei und es wurde nicht gern gesehen. Für eine Eheschließung brauchte der Soldat und der Offizier die Erlaubnis seines Vorgesetzten und oft wurden diese Genehmigungen nicht ausgesprochen.

Soldaten bei einer jungen Markthändlerin auf der Rast, Adrien Moreau, spätestens 1906

Fest hält sich daher oft das Bild der Soldaten, die gerne auf die Dienste der zahlreichen Trosshuren zurückgriffen oder sich an der weiblichen Bevölkerung- auch entgegen deren Willen- vergriffen. Letzteres kam gewiss, besonders mit der zunehmenden Verrohung in der letzten Kriegsjahren zunehmend vor und Beschwerden gab es viele, aber nachverfolgt wurden sie selten, besonders, da die Soldaten sich selten lange an einem Ort aufhielten.

Manche Offiziere brachten nach dem Krieg- auch wenn es streng untersagt war- ihre Mätressen oder Lebensgefährtinnen (ohne Trauschein) mit in die Heimat. Aber bezüglich der Trosshuren war ich überrascht, dass deren Anzahl stark reglementiert war, beziehungsweise sie ganz abgeschafft wurden. Auch die anderen mitreisenden Frauen, wie Wäscherinnen und Vivandiere hatten sich moralisch anständig zu verhalten, wenn sie nicht fortgejagt werden wollten. Was aber natürlich nicht hieß, dass sich manche Damen heimlich etwas dazuverdienten.

Auf diese Damen komme ich aber noch einmal in einem besonderen Artikel zu sprechen, denn von einer solche Vivandiere soll sich mein nächster Roman handeln.

Napoleon Bonaparte- ein Giacomo Casanova 2.0?

Wenn ich an Napoleon Bonaparte denke, fallen mir sofort die Namen einiger seiner Mätressen ein. Oder die unrühmliche Szene, als er seiner geliebten, aber eben deutlich älteren Gattin Joséphine erklärt hat, dass er die Scheidung will, um kurz darauf eine deutlich jüngere Dame zu heiraten. Oder die glühenden und teilweise recht expliziten Liebesbriefe, die er diversen Damen bereits in seiner Jugend geschrieben hat.

Napoleon und sein Sohn, Künstler und Jahr unbekannt

Interessant fand ich daher die Annahme, dass Napoleon all seine kleinen Affären, die ja recht harmlos und gesittet abliefen, weniger zur Befriedigung seiner Gelüste geführt haben soll, als dass er hauptsächlich bemüht war, seinem Umfeld zu beweisen, dass er ein potenter Mann war, der durchaus noch einen Thronerben zeugen konnte.

Auch Gemälde und Darstellungen aus dieser Zeit, die ihn in alltäglichen und liebevollen Situationen mit seinem Sohn Napoleon Franz zeigen, zeichnen eher das Bild eines fast kleinbürgerlichen Familienvaters, dem dieses Idyll am Herzen lag.

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Liebe Grüße

Musketen

Quellen

Alle in diesem Artikel verwendeten Gemälde, Zeichnungen und Radierungen sind gemeinfrei.

  • Markov, Walter: Grand Empire- Sitten und Unsitten der Napoleonzeit. Leipzig, 1984.
  • Crowdy, Terry: Napoleon’s Women Camp Followers. Oxford, 2021.

Themen:

Allgemein, Grande Armee, Historischer Roman, Kakao Kuchen und Musketen, Kakao, Kuchen & Musketen

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