Waterloo 2022- Biwak und Schlachtnachstellung

Vergangenes Wochenende war es nach langem Warten endlich soweit: Die Nachstellung der Schlacht von Waterloo fand statt. Von diesem außergewöhnlichen Wochenende möchte ich euch heute in meinem Beitrag von Kakao, Kuchen und Musketen erzählen.

Warum Waterloo?

Ja, warum tut man sich das an? Und schreibe ich nicht eigentlich gerade über eine andere Schlacht? Die Schlacht an der Göhrde? Und betone ich nicht immer wieder, dass ich kein Bestreben habe, über die großen Schlachten Napoleons zu berichten, sondern die kleinen, fast vergessenen Gefechte wieder ins Bewusstsein der Leserinnen und Leser zu holen? Und dann fahre ich zu Napoleons Schlacht aller Schlachten.

Ein Grund war, dass die Schlachtdarstellung in Waterloo deutlich größer und aufwändiger gestaltet wird, als beispielsweise an der Göhrde oder auch in Leipzig (außer bei besonderen Jubiläen). Und ich wollte einmal sehen, wie es aussieht, wenn eine größere Infanterieeinheit gleichzeitig eine Musketensalve abgibt. Wie es wirkt, wenn eine größere Kavallerieeinheit angreift. Und wie es wirkt, wenn mehrere Geschütze gleichzeitig feuern. Also hauptsächlich akustische und optische Eindrücke recherchieren.

Außerdem muss ich mich als kleiner Fan von Mark Schneider outen, den ich als Napoleon-Darsteller sehr schätze und der mich bei einigen Recherchen bereits unterstützt hat. Ihn wollte ich einmal live in seiner Paraderolle als Kaiser der Franzosen sehen.

Und dann gibt es noch ein Museum am Denkmal zur Schlacht, das man mir wärmstens für meine Recherche empfohlen hatte. Also viele, viele Gründe, weshalb sich diese Reise trotz großer Hitze dieses Jahr angeboten hat.

Die Anreise und Organisation

Wahrscheinlich verderbe ich es mir auf ewig mit den Organisatoren dieser Veranstaltung, aber besonders glücklich über die Informationen, die man im Vorfeld erhalten hat, war ich von Anfang an nicht. Die Webseite des Veranstalters war undurchsichtig, genaue Programmpläne, Lagepläne etc. suchte man vergeblich. Das zeigte sich auch während der Veranstaltung. Sehr viele Zuschauer irrten herum, fanden Eingänge zu Parkplätzen, die Haltestelle des Shuttlebusses etc. nicht oder waren schlichtweg nicht informiert, wo sich was befand. Schilder waren viel zu klein gedruckt, sodass sie aus dem Auto heraus nicht lesbar waren. Oder sie waren so angebracht, dass sie übersehen wurden. Das war nicht nur ärgerlich, sondern arg vergeudetes Potenzial und hat einige Zuschauer abgeschreckt.

Ich hatte das Glück, dass einer meiner Experten mir die wichtigsten Informationen, die die Darsteller erhalten haben, gegeben hat. Ansonsten wären mein Mann, der mich auf diesen Ausflug begleitet hat, und ich ziemlich aufgeschmissen gewesen. Ein großes Dankeschön auch noch einmal auf offiziellem Weg.

Die Biwaks

Das Biwak der Alliierten

Gestartet sind wir aufgrund der Parksituation am Biwak der Alliierten. Hier war es noch recht leer, die Deutsche Legion des Königs hat zu diesem Zeitpunkt gerade exerziert und es war eine recht angenehme und herzliche Atmosphäre. Wir haben uns die verschiedenen Lager, die sich am Kampf gegen Napoleon beteiligt haben, angesehen und einige nette bekannte Gesichter gesehen.

Insgesamt muss ich sagen und das ist mir auch bei meinen Besuchen in Leipzig und an der Göhrde aufgefallen: die einzelnen Reenactor-Gruppen sind wahnsinnig um die Zuschauer bemüht. Es wird gescherzt und ausgestellt, viel erklärt und jeder ist für alle Fragen jederzeit offen. Das macht einen Besuch jedes Mal sehr angenehm.

Das Biwak der Franzosen

So und jetzt kommt Meckern auf sehr hohem Niveau. Hätte ich nicht vorab durch einen meiner Rechercheexperten gewusst, welches Programm im Biwak abläuft, hätte ich die wichtigsten Punkte verpasst. Nirgendwo gab es Informationen darüber, was bei den Franzosen abläuft.

Wir kamen um die Mittagszeit zur größten Hitze im Biwak an. Passend zum Kaiserdinner, das absolut sehenswert war. Napoleon im Kreise seiner Offiziere, bewacht von seinem Leibdiener Roustam und bewacht von seiner Garde, die mit finsteren Mienen keinen vorbeigelassen haben. Daneben befanden sich einige Zelte und für die Kinder gab es eine niedliche Soldatenschule.

Danach sind wir den kleinen, versteckten Feldweg hinauf zum größten Teil des Biwaks gelaufen. Und hier war es unerträglich heiß. Mitten auf einem Feld standen die Zelte, dicht an dicht, sodass sich die Wärme richtig schön gestaut hat. Die wenigen Soldaten, die es hier überhaupt ausgehalten haben, hingen arg unbekleidet in dem wenigen Gebüsch, das etwas Schatten warf. Also hier war keiner zu beneiden. Und ich will nicht wissen, wie das Biwak heute nach dem Regen ausgesehen hat.

Kaiser Napleon beim Dinner

Und ich muss leider bemängeln, was mir auch schon in Leipzig und an der Göhrde aufgefallen ist und was man auch immer wieder von anderen Zuschauern hört. Die darstellenden Gruppen der Franzosen wirken sehr abweisend, allein was die Aufstellung des Biwaks angeht. Gezeigt und ausgestellt wird so gut wie nichts. Wenn man nicht weiß, was für herzliche und freundliche Kerle sich unter diesen Leuten befinden, ist man recht abgeschreckt. Das laste ich hierbei allerdings hauptsächlich dem Veranstalter an, denn ich weiß ja, wie lieb meine Franzosen immer auf jedes ehrliche Interesse reagieren.

Auch wir haben es dort nicht lange ausgehalten und sind mit dem Shuttlebus rasch zurückgefahren.

Am Löwenhügel

Nachdem wir also bei den Franzosen beinahe gegrillt wurden, war es richtig angenehm, sich einige Zeit im klimatisierten und seltsamerweise nicht annähernd überfüllten Museum unter dem Löwenhügel aufhalten zu können. Dazu gibt es jedoch in der nächsten Woche noch einen separaten Artikel, denn da gab es soooo viel zu sehen.

Um den Löwenhügel herum gab es die üblichen Foodtrucks und ein kleines, sehr kleines… okay kaum wahrnehmbares Dorf, das das Leben im Biwak darstellen sollte. Am Löwenhügel gab es zudem Kanonenschießen, das auch recht mau ausgefallen ist. Aber es war wahnsinnig angenehm und spannend einige Zeit dort zu sitzen, die ankommenden Zuschauer und Geschichtsfans zu beobachten.

Die Schlachtnachstellung

Kommen wir also zu meinem absoluten Highlight. Mein Mann war spendabel (mit dem Reenactment hat er es ja nicht so), aber deshalb haben wir uns die beste Kategorie an Sitzplätzen gegönnt und durften das Schlachtfeld von der Längsseite sehen. Dabei haben wir uns extra Sitzplätze auf Seiten der französischen Artillerie ausgesucht, damit ich meine geliebten Franzosen bei ihrem EIntreffen auf dem Schlachtfeld sehen konnte. Und das war absolut beeindruckend.

Nach der Artillerie nahmen die Alliierten Aufstellung und man hatte auf Seiten der Zuschauer das Gefühl, dass da an Soldaten gar kein Ende abzusehen war. Danach dauerte es etwas (wahrscheinlich hat die Grande Armée ihren Bus verpasst, immerhin mussten die armen Kerle in der Hitze noch fünf Kilometer laufen oder ebenfalls auf einen Bus zurückgreifen) bis die Franzosen da waren. Erst die leichte Infanterie, danach die Linie. Und wenn einen die Masse an Alliierten bereits beeindruckt hat, dann hat einen das Eintreffen der Franzosen wirklich umgehauen. Ich will gar nicht wissen, wie genial es ausgesehen hat, als 2015 bei der Jubiläumsveranstaltung noch einmal mehr Darsteller anwesend waren.

Das Gefecht an sich war toll anzusehen. Die Wucht der Kanonen, der Anblick des geballten Musketenfeuers hat mich zutiefst beeindruckt. Ebenso wie perfekt die Darsteller, die aus so vielen verschiedenen Ländern stammten, sich abgestimmt haben, um eine tolle Nachstellung zu liefern. Meine beiden Experten, mein Lieblingssappeur war leider nicht dabei, hatte ich dabei die gesamte Zeit besonders im Blick. Beide sahen unfassbar schick aus und ich bin sehr stolz darauf, wie toll das deutsche Peloton agiert hat und wie wunderbar beide, trotz anfänglichen Bedenken ihre Aufgaben ausgeführt haben. Super gemacht.

Und jetzt nach all der Schleimerei muss ich dann doch noch einmal meckern. Ich weiß, dass man die Zuschauer unterhalten will. Aber das permanente Gebrabbel der Kommentatoren, von denen einer eindeutig Fan von General Ney war und sich wahrscheinlich im Anschluss ein Autogramm geholt hat, war nervig. Ebenso die eingespielten Effekte. Da gab es Säbel- und Bajonettgerassel ohne Feindkontakt, eingespielte Signale der Alliierten haben die Signale der realen Truppe komplett überdeckt. Dazu kam theatralische Musik, die nicht einmal durchgängig benutzt wurde, so als ob sich die Veranstalter selbst nicht sicher waren, ob das nicht zu kitschig wird. Aber die französische Linieninfanterie zur Musik „O Verona“ aus Baz Luhrmans „Romeo+ Julia“ aus dem Jahr 1996 aufs Feld marschieren zu sehen, hatte schon etwas Amüsantes.

Mein Fazit

Also, auch wenn ich jetzt viel gemeckert habe (bestimmt komme ich auf eine schwarze Liste und bin bei zig Leuten unten durch), aber ich war etwas enttäuscht, was das Gesamtpaket angeht. Immerhin ist es Waterloo. Nicht Buxtehude. Und ich fand, dass die Organisation in Leipzig und an der Göhrde so viel bessser war. Und diese mangelnde Organisation der Veranstaltung viel genommen hat und nicht wirklich eine gute Werbung für das Hobby der Reenactors und für Geschichte generell war. Und das wird dem Engagement der Darsteller, der Zeit und dem Geld, das sie investieren, nicht gerecht.

Außerdem fand ich die Preise unverschämt. Für die beiden Biwaks 12 Euro zu bezahlen, war in keinster Weise gerechtfertigt. Wenn man das Gesamtpaket von 25 Euro pro Person für die Museen genommen hat, war es okay. Auch die Preise für die Schlachtdarstellung waren etwas krass, da musste man ordentlich schlucken.

Was ich aber auf jeden Fall positiv erwähnen möchte, war wie freundlich alle Mitarbeiter waren. Das ist bei solch einem Andrang und dem Stress nicht selbstverständlich. Aber uns wurde immer freundlich und kompetent weitergeholfen.

Also insgesamt war es sehenswert. Aber ein einmaliger Besuch.

Dankeschön

Ein herzliches Dankeschön für einige Fotos geht an Frank Herberger-Frevert und Lutz S. Und ein ebenso großes Dankeschön geht an Andreas Fischer für die Hilfe bei der Organisation dieses Ausflugs.

Liebe Grüße

Musketen

Themen:

Waterloo, Gefechtsnachstellung, Kakao Kuchen und Musketen, Kakao, Kuchen & Musketen, Reenactment

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