Wo Napoleon sich zur Ruhe bettete
Wo bringt man einen Kaiser unter, wenn der sich zusammen mit seiner gesamten Entourage zum Besuch ankündigt? Vor diesem Problem stand im Jahr 1811 die Stadt Düsseldorf. Wo der Kaiser letztendlich unterkam, wie die Kaiserin das Ganze fand und was die ganze Geschichte mit meinem Roman „Von Löwen und Gänseblümchen“ zu tun hat, erzähle ich euch in diesem Beitrag von „Kakao, Kuchen und Musketen“.
Kurze Erinnerung: Was wollte Kaiser Napoleon überhaupt in Düsseldorf?
Im Jahre 1811 war Düsseldorf die Hauptstadt des Großherzogtums Berg, einem von Napoleon geschaffenen Modellstaat. Allerdings hinkte das Modell schon von Anfang an den überzogenen Erwartungen hinterher. Es war stark industriell geprägt und litt daher besonders unter der Kontinentalsperre und dem damit verbundenen Rückgang der Exporte, aber auch unter den gleichzeitigen Entbehrungen durch Requierungen, Konskriptionen und den Zerstörungen der ewig durchziehenden Heerestruppen der Franzosen und der Verbündeten.
Die anfangs begeistert aufgenommenen Reformen der französischen Revolution wie die Abschaffung der Leibeigenschaft wurden nur unzureichend umgesetzt und schafften eher neue Probleme, als dass sie die Erwartungen der Menschen erfüllten. Die Menschen sahen, wie die jungen Männer, die zu Tausenden eingezogen wurden, Kanonenfutter gleich an der Front in Spanien geopfert wurden. Gerade in der Belagerung von Gerona erlitten die Bergischen Truppen solch verheerende Verluste, die kurz darauf im Russlandfeldzug aufs Grausamste übertroffen werden solltem.
Gleichzeitig fühlten sich viele Bergische ihrer Traditionen und Identität beraubt, wenn sie sahen, dass die Franzosen die Kirchen und Klöster enteigneten, französische Sitten und deren Sprache mehr und mehr Einzug hielten. Und so begann es in dem noch jungen Großherzogtum zu köcheln. Kaiser Napoleon war natürlich daran gelegen, das Feuer möglichst klein zu halten und Aufstände im Keim zu unterdrücken.
Gerade viele Vertreter der Industrie forderten die vollständige Angliederung an Frankreich. Daher wurde der Besuch des Kaisers in Düsseldorf angekündigt. Ganze vier Tage schickte der Monarch aus eigenen Gnaden sich an in der Hauptstadt des Großherzogtums zu verweilen, um die Probleme mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft zu erörtern. Somit ritt der Kaiser also unter großer Anteilnahme und Aufmerksamkeit der Bevölkerung in Düsseldorf ein. Doch wo bringt man den nun mit all seinen Leuten unter?
Schloss Jägerhof
Da Schloss Benrath zu weit außerhalb lag, entschied man sich für Schloss Jägerhof, welches sehr zentral in der Hauptstadt liegt und rasch zu diesem Zwecke umgebaut und instandgesetzt wurde. Denn das Schloss hatte in den vergangenen Jahren ordentlich gelitten.
Eine erste Erwähnung gibt es bereits Mitte des 17. Jahrhunderts, doch erst mit der Umgestaltung durch die Pläne von Johann Joseph Couven im Auftrag von Herzog Karl-Theodor von Jülich-Berg ein Jahrhundert später entstand ein Lustschloss im Stil des Rokoko. Von dem ursprünglichen Entwurf wurden letztendlich nur einzelne Teile umgesetzt. Beispielsweise entfielen die Seitenflügel.
Als im Jahr 1795 die Revolutionstruppen Frankreichs vor der Türe standen, gab es sogar Pläne der Franzosen, das Schloss mit allen angrenzenden Gebäuden zu sprengen. Davon sah man glücklicherweise ab, doch das Schloss wurde geplündert und der Park zu großen Teilen gerodet. Im Anschluss wurde das Schloss als Lazarett genutzt und verfiel mehr und mehr. Als Kaiser Napoleon sich ankündigte, war das Schloss in einem entsetzlichen Zustand und man musste sich ordentlich sputen, alles instandzusetzen. Ihm, der wenig wert auf solche Details legte, war dies gewiss weniger wichtig.
Und Kaiserin Marie Louise? Manche Quellen berichten davon, dass sie das Schloss fürchterlich fand und sich über die Schlichtheit der gerade erst fertiggestellten Räume nach den Strapazen der Reise entsetzlich echoffierte.
Schloss Jägerhof heute
Während eines Luftangriffs wurde das Schloss im Jahr 1943 stark beschädigt und erst fünf Jahre nach Kriegsende wieder aufgebaut. Seit 1955 wird das Schloss als Museum genutzt, seit 1987 als Goethe-Museum. Und das war auch mein erster Berührungspunkt mit dem Gebäude, dessen Innenräume keinerlei Hinweis auf seine frühere Gestaltung geben: im Deutsch-Leistungskurs während meines Abiturs, als man uns gelangweilte achtzehnjährige durch die Sammlung schob und nichts hängen blieb, außer, dass da irgendwo Haare von Goethe herumgelegen hatten und man sich gewünscht hätte, dass Werther in „Die Leiden des jungen Werther“ schon früher abgetreten wäre (und besser gezielt hätte).
Heute, nach vier Jahren Germanistikstudium und als Deutschlehrerin, weiß ich die Sammlung besser zu schätzen und hoffe, mein armer LK-Tutor hat uns mit Humor genommen.
Mein absolutes Highlight war jedoch das Dachgeschoss, in dem noch alte verblasste Seidentapeten und Möbel zu sehen sind. Dort oben, ein wenig verstaubt, werden u.a. Konzerte abgehalten, aber in einem Nebenzimmer stehen fast ein wenig fahrlässig wunderschöne alte Möbel, es riecht wunderbar nach altem Gebäude und man kann sogar auf die Empore für die Musiker klettern.
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- Als das Schneeglöckchen fliegen lernte (2020)
- Wie der Sturm im Frühling (2021)
- Wie der Sturm der Ewigkeit (2022)
- Das Flüstern des Löwenzahns (2022)
- Von Löwen und Gänseblümchen (2023)
Liebe Grüße
Quellen
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Foto Schloss Jägerhof Beitragsbild: Jörg Wiegels