Leipzig 2023- Teil 1: Völkerschlacht und Liebertwolkwitz

Vor zwei Jahren habe ich zum ersten Mal gemeinsam mit meinem Ehemann die Schlachtnachstellung von Leipzig besucht. Damals war die gesamte Veranstaltung sehr reduziert, nur die Orte Dölitz und Markkleeberg haben sie ausgerichtet. Daher war ich gespannt, dieses Mal den dritten Austragungsort, an dem 1813 ein historisches Reitergefecht stattfand, besuchen zu dürfen. Von der Schlachtnachstellung und dem Dorf Liebertwolkwitz möchte ich euch in diesem ersten Teil meines Berichts über Leipzig unter „Kakao, Kuchen und Musketen“ berichten.

Logo Liebertwolkwitz 1813, Quelle: Veranstalter, Hintergrund: J.G.

Liebertwolkwitz

Wie oben bereits angekündigt, ging es für meinen Mann und mich am frühen Vormittag auf Einladung eines befreundeten Reenctors nach Liebertwolkwitz.

Okay, schon im Vorfeld war mir klar, dass ich diesen Teil nicht sehr objektiv beschreiben kann, so geduldig und ausgiebig, wie man mich vorher auf die Veranstaltung vorbereitet hat. Für jedes Biwak, den Parkplatz, jeden wichtigen Gedenkstein, usw. habe ich eine Stecknadel bei Google-Maps gesetzt bekommen. Und vorher habe ich so viele liebevolle Schilderungen des Dorfes gehört, das ich richtig gespannt war, es nach zwei Jahren endlich einmal in seiner Zeitreise in das Jahr 1813 sehen zu dürfen.

Dabei muss man wissen, dass viele Höfe geöffnet sind und die Einwohner in die Rollen der Einwohner des Dorfes zur Zeit der Völkerschlacht schlüpfen. Sie tragen historische Gewandungen, man zahlt in T(h)alern und es werden alte Handwerke vorgestellt.

Da gibt es ein Trödelcafé, den „Grempler“, ein Schmied zeigt seine Arbeit, die Schulkinder tanzen auf dem Marktplatz, man kann dem Seiler oder Korbflechter zusehen oder Muggefugg (warum müssen die Sachsen aus jedem „k“ ein „g“ machen! Das heißt „Muckefuck“ 🧐). In der Kirche gibt es eine Waffengarderobe und auf den Dachböden sind die Soldaten einquartiert.

Eine süße Idee, besonders weil ein großer Teil des Dorfes das Projekt mitträgt. Die Gefechtsbilder aus dem Reenactment in der Kirche fand ich jedoch deplatziert.

Die Schlachtnachstellung

Nach einer kleinen Stärkung ging es für uns in Richtung Kavalleriebiwak und Schlachtfeld. Hier war es entsetzlich voll und man hatte aufgrund der vielen Truppen, die sich organisiert und sortiert haben, sowie den Pferden nicht wirklich einen Überblick, wo man denn hinmusste. Ziemlich viele Leute hielten das angrenzende Feld für das Schlachtfeld und erst nach und nach marschierte alles in Richtung der eigentlichen Wiese. Ohnehin war auch hier für Ortsunkundige die Orientierung ein bisschen schwierig. Die Schilder waren etwas sehr klein und spärlich.

Das Gefechtsfeld hingegen war riesig. Bei 2000 Darstellern aus zahlreichen verschiedenen Ländern auch angemessen. Allerdings hat man bei vielen Zuschauern, die nicht aus dem Hobby kommen, gemerkt, dass sie etwas orientierungslos waren, wo sie sich denn hinstellen sollten. Besonders, da einige Büsche die Sicht verdeckten. Wir hatten das Glück, dass uns ein Offizier den Hinweis gegeben hat, dass an der Brücke das erste Hauptgefecht stattfinden würde. Die Leute am anderen Ende des Gefechtsfelds mussten ziemlich lange warten, bis sie etwas zu sehen bekamen.

Das Gefecht an sich war absolut sehenswert und toll geplant. Allein die Masse an blitzenden Bajonetten, die auf das Schlachtfeld zog, war beeindruckend. Ebenso die Geräuschkulisse von zwei- ich nenne es jetzt einmal „Minifranzosenbataillone“; dafür kriege ich wahrscheinlich bei der nächsten Gelegenheit Kopfnüsse von allen Seiten- in Kombination mit einer größeren Reiterei bestehend unter anderem aus Dragonern war toll anzusehen.

Mitten im Gefecht, Quelle: unbekannt (wenn sie wer findet, füge ich sie gerne hinzu)

Auch konnten die Darsteller auf diese Weise deutlich mehr ihres Könnens zeigen. Auch den Einsatz von Congrevschen Raketen war toll, allerdings sind mindestens zwei in den Zuschauern heruntergekommen.

Da wir sehr dicht hinter den Franzosen standen, haben wir mehr als einmal eine Dusche aus dem Papier, welches für die Musketen benutzt wird, und Rauch abbekommen- also mittendrin statt nur dabei.

Amüsant war auch die vorrückende Artillerie der Verbündeten, die, nachdem sie die Franzosen erfolgreich zurückgeschlagen hatten, über die Brücke nachsetzten. Ihr Major war so herrlich im Thema, forderte das Publikum bei erfolgreicher Salve zum Applaus an, dass es richtig Spaß gemacht hat, zuzusehen.

Kritik

Ich bin hin und hergerissen. Einerseits brauchen so viele Darsteller ein großes Schlachtfeld, um ihre Wirkung und möglichst viel ihres unglaublichen Könnens zu zeigen. Und das sah so faszinierend aus. Andererseits ist es als Zuschauer nervig, weil man nur einen Bruchteil zu sehen bekommt, nicht weiß, wo man hin muss und sich immer wieder einen neuen Platz „erkämpfen“ muss. Besonders, weil eine lange Schlacht stehend auch für die Zuschauer, besonders für die ganz Kleinen, sehr anstrengend ist (uns war danach richtig kalt).

Gut fand ich auch die Idee, die Schlacht zu kommentieren.

Was mich in diesem Zusammenhang immer etwas irritiert, ist, dass immer wieder von einzelnen Personen gesagt wird, dass kein Krieg gezeigt wird. Liebe Leute, ihr zeigt Krieg. Ihr zeigt keine Sterbenden und keine Wunden, aber ihr zeigt einen Ausschnitt des Kriegsgeschehens.

Jeder mit einem Funken Verstand kann sich vorstellen, was passiert ist, wenn ein französisches Peloton auf den Feind schießt oder die Kavallerie in eine Linie Soldaten prescht. Jeder ahnt, was der Feldchirurg vorhat, wenn er mit einer Säge übers Schlachtfeld flitzt. Einer der Soldaten trug einen blutigen Kopf- und Beinverband. Und das zu zeigen, ist richtig und wichtig, damit Geschichte nicht in Vergessenheit gerät und das Geschehen abschreckt, besonders in Anbetracht der aktuellen Ereignisse.

HIER findet ihr übrigens deutlich bessere Stellungnahmen zur Einordnung der Veranstaltung durch Teilnehmer und Organisatoren.

Aber, vielleicht bin ich da auch empfindlich, wiederholt zu betonen, dass kein Krieg dargestellt würde, reduziert die Mühe und Arbeit der Reenactors auf effektheischendes Herumgeballer in Kostümen- und das ist es ganz gewiss nicht, denn hinter jeder Uniform, jeder Truppenbewegung steckt so viel Vorarbeit und Recherche, und soll auch nicht so wahrgenommen werden. Das ist mir jetzt schon bei zwei Veranstaltungen extrem negativ aufgefallen.

Jocelyn und ihre geliebten Schilder

Was mir auch sehr negativ aufgefallen ist, waren mehrere Hilfskräfte des Veranstalters, die recht unverschämt und ungeduldig auf das Drohnenverbot hingewiesen haben (darunter einen Vater mit kleinem Kind). Da die Durchsage kaum zu verstehen war und weder auf der Webseite noch auf dem Gelände anderweitig daraufhin gewiesen wurde, erzeugte das einen negativen Beigeschmack.

Auch habe ich im Nachgang von mehreren akkreditierten (auswärtigen) Fotografen erfahren, dass sie während der Gefechtsnachstellung nicht die ihnen zugesagten Plätze haben einnehmen dürfen, während andere Fotografen hinter der Absperrung waren, was auch dort für Unmut sorgte. Besonders, weil das Hobby von diesen Fotografen lebt und Werbung erfährt.

Vielleicht liegt es daran, dass ich in meinem Brotjob Grundschullehrerin bin, aber ich bin ein riesiger Fan von Transparenz und Schildern… 🙊 Vielleicht schreibt man das beim nächsten Mal riesig auf die Webseite oder direkt auf die Flyer. Dann ist Anpampen bei Missachtung auch angebracht. Bei Akkreditierungen könnte man vielleicht genau auflisten, was damit erlaubt ist und was aufgrund der Sicherheitsbestimmungen nicht. Aber Unterschiede zwischen etablierten Reenactment-Fotografen zu machen, war etwas befremdlich.

Ein freundlicher Gruß geht am Ende noch an den Veranstalter des Marathons, der zeitgleich in Leipzig einen Marathon abhalten musste. Es war am Sonntagmorgen eine Wonne ohne Ortskenntnisse mit zig gesperrten Straßen ohne Umleitung den Weg zur nächsten Autobahnauffahrt zu finden. SCHILDER sind auch hier das Zauberwort!

Fazit

Auch, wenn es jetzt den Eindruck erweckt, dass ich viel zu bemängeln habe. Nein, die Veranstaltung hat mir richtig, richtig, richtig gut gefallen. Ich habe viele wertvolle Inspirationen für meine nächsten Romane sammeln können und man hat gesehen, wie viel Mühe und Arbeit alle Beteiligten hineingesteckt haben, um diesen Jahrestag angemessen zu begehen, auch wenn ich mir wünschen würde, dass die drei Standorte enger zusammenarbeiten.

Die Truppen aus Dölitz und Markkleeberg treffen ein

Besonders all die lieben Menschen, die mir bei meiner Romanrechere helfen, in einem kurzen Gespräch oder auch nur von Weitem bei ihrem geliebten Hobby wiedersehen zu können, war die Reise wert. Daher ein riesiges Dankeschön an meinen Lieblingsgrenadier für die mühevolle Planung und Einladung und Grüße an meinen Lieblingssappeur und meinen Lieblingscaporal, mit denen ich nur aus der Ferne mitfiebern konnte.

Hier kommt der Teil mit der Werbung

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Liebe Grüße

Muskete

Quellen

Alle Foto- und Videodateien sind, sofern nicht anders abgebildet, Eigentum von Jocelyn Garber. Die Speicherung, Verwendung, das Teilen oder Vervielfältigen ist untersagt.

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Kakao Kuchen und Musketen, Kakao, Kuchen & Musketen

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