Wie findet man gute historische Stoffe für Romane?

Wenn man sich mit historischen Romanen beschäftigt, hat man schnell das Gefühl, dass es zu jeder Epoche und jedem wichtigen Ereignis bereits gute und viel besprochene Romane gibt. Oder man hat das Gefühl, dass man einem Ereignis, einer historischen Person nicht gerecht wird, weil es sich um zu bekannten Stoff hat. Und nun? Darum soll es in diesem Beitrag meines „Autoren-Kaffeekränzchens“ gehen.

Beliebte Epochen

Jeder hat es bestimmt schon einmal von einem Verlag oder in einer Buchbesprechung gehört oder gelesen. Manche Epochen sind im Augenblick modern, andere regelrecht abgegrast und tot. Im Augenblick hört man oft, dass man die Finger unbedingt vom Mittelalter lassen sollte, während gerade diese Epoche vor ein paar Jahren noch sehr erfolgsversprechend war. Hingegen wurde das 19. Jahrhundert gerade von den Verlagsredakteuren und Lektoren anscheinend für sich entdeckt (zumindest lassen die vielen Regency- oder Sisi-Romane darauf schließen.

Quelle: pixabay

An dieser Stelle geht definitiv noch einmal ein dicker Gruß an Julia Quinn, bzw. die Leute, die diese grausige Verfilmung ihrer Romanreihe „Bridgerton“ zu verantworten haben. Seitdem wird man in dem Genre gefühlt totgeschlagen mit Romanen über Dukes und Viscounts, die irgendwelche Bindungsängste haben. Aber ein kleiner Trost: Irgendwo habe ich letztens gehört, dass die Antike wieder total im Kommen ist. Und die Frauenromane und Familiensagas über erfolgreiche Damen zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehen im Moment auch weg wie nix.

Ich glaube, man hört schon, dass ich nicht viel davon halte, wenn man nach einer Mode schreibt. Denn so lange, wie man an einem historischen Roman recherchiert und schreibt, kann man sich nicht auf solche Trends verlassen. Und Fans haben gute Mittelalterromane immer, ebenso wie Weltkriegsromane. Also würde ich immer der eigenen Vorliebe, dem eigenen Interesse den Vorzug geben, denn nur so schafft man es, sich durch die Masse an Rechercheliteratur zu wühlen.

Der Stoff, der auf der Straße liegt

… den suchen wir alle. Manche haben Glück und finden ihn. Andere müssen ein bisschen graben, ehe sie einen solchen Schatz finden. Aber ich bin immer der Ansicht, dass der Stoff, den man in seinen Romanen behandelt, nicht immer welterschütternd sein muss. Die Titanic muss nicht immer untergehen, das Königreich gerettet werden oder der Held die Welt erschüttern. Es geht auch kleiner und behutsamer. Wichtig ist eher, dass man selbst von dem Stoff angesprochen wird.

Was ich damit meine? Dass kann Sympathie für eine historische Figur sein. Das Gefühl, ihr Handeln nachzuvollziehen. Es kann sein, dass man persönlich durch eigene Erfahrungen oder durch die Familiengeschichte mit einem Ereignis verbunden ist. Es kann sein, dass einen die Schicksale von bestimmten Personen kaum noch schlafen lassen und man ihnen eine Stimme geben möchte.



Lazare Hoche, Stich von Bosselmans (1865)

Ich kenne beispielsweise einen Autor, der sich einer historischen (Rand-)Persönlichkeit erst dann widmet, wenn er dreimal über sie gestolpert ist. Als ich mich dafür entschieden habe, über die Göhrdeschlacht im Jahr 1813 zu schreiben, war dies unter den Eindrücken einer Gefechtsdarstellung an diesem Ort, die mich nachhaltig beeindruckt hat. Ich schreibe über die Soldaten der Grande Armée, weil ich für dieses Thema brenne und nicht müde werde, auch noch die hundertste Uniform in einem Fachbuch nachzuschlagen. General Lazare Hoche kam in meinem Debütroman „Als das Schneeglöckchen fliegen lernte“ nur deshalb so intensiv vor, weil mich die Inschrift seiner Soldaten auf seinem Grabmal so berührt hat.

Und wenn man nun gar keine Ahnung hat? Dann hilft es oftmals, sich in Biografien und Augenzeugenberichten quer zu lesen. Ich selbst habe ein Buch über besondere Persönlichkeiten der Weltgeschichte, das mich immer wieder inspiriert. Oder (jetzt nicht die Seite schließen) man startet ganz einfach mit Wikipedia. Schaut sich an, was in dieser Epoche wichtig war. Welche Persönlichkeiten sie hervorgebracht hat, welche Ereignisse die Menschen beschäftigt haben.

Schlacht bei Waterloo oder das Scharmützel von Kleinkleckerdorf?

Die Schlacht von Neuwied (Entstehung: 1837)

Die Größe eines Ereignisses, das man in seinem Roman aufgreift, sowie auch die Bekanntheit einer historischen Persönlichkeit hängen dabei vom eigenen Geschmack ab. Ich selbst liebe es über weniger bekannte Themen zu schreiben. Zum einen, weil ich dann nicht ein Heer an Fachleuten und selbst ernannten Experten vor mir habe, die jede meiner Entscheidungen anhand von Quellen sezieren (meine Experten reichen mir da, aber die kann man wenigstens mit Gummibärchen kalt stellen). Zum Anderen, weil ich gerne auf fast vergessene Themen aufmerksam mache und sie zurück ins Gedächtnis meiner Leser hole- so wie bei der Schlacht bei Neuwied im Jahr 1797 oder der Schlacht an der Göhrde 1813 oder der Schlacht bei Barrosa 1811.

Kritik & Anregungen?

Immer her damit! Über Eure Rückmeldungen zu diesem Blogbeitrag freue ich mich sehr.

Liebe Grüße

Autoren-Kaffeekränzchen

Themen:

Als das Schneeglöckchen fliegen lernte, Autoren-Kaffeekränzchen, Autorinnenleben

Teilen: