Die Kürassiere der Grande Armée

In meinem Debütroman „Als das Schneeglöckchen fliegen lernte“ spielen die Kürassiere der Grande Armée eine zentrale Rolle, denn mein Held ist einer ihrer Capitaines. Aber was ist ein Kürassier überhaupt? Wie sah seine Uniform aus ? Welche Waffen trug er bei sich und wie kämpfte er?

Die Uniform

Abb. 1: Französische Kürassiere aus Richard Knötels Uniformkunde

Als ich für meinen Roman recherchiert habe, hat es mich erst einmal abgeschreckt, wie unterschiedlich die Abzeichenfarben der verschiedenen Regimenter verteilt waren. Und wer, wann, welche Sorte von Brustschutz getragen hat.

Versuchen wir also es mal ein bisschen auseinanderzudröseln:

Ancient Régime

Die Kürassiere trugen laut einem vorläufigen Erlass aus dem Frühjahr 1791 blaue Uniformröcke mit weißen Knöpfen, lederfarbenen Hosen, weißen Stulpenhandschuhen, Stiefeln, weißen Bandeliers (Lederriemen, der schräg über die Brust getragen wurde) und einen Zweispitz mit Kokarde. Die Abzeichen variierten, je nachdem, welchem Regiment man angehörte.

RegimentsnummerAbzeichenfarbeBesonderheiten
1-3ScharlachrotWaagerechte Rocktaschen, Kragen und Ärmel (2.) blau, ab 1792 Halbkürasse
4-6ScharlachrotSenkrechte Rocktaschen, Kragen und Ärmel (5.) blau, ab 1792 Halbkürasse (4.), 1802 Kürasse (5.-7.)
7-9JonquillengelbWaagerechte Rocktaschen, Vollkürass mit roten, weiß vorgestoßenen Manschetten (8.), 1803 Kürasse (9.)
10-12JonquillengelbSenkrechte Rocktaschen, ab 1803 Kürasse
13-15KarminrotWaagerechte Rocktaschen,
16-18KarminrotSenkrechte Rocktaschen
19-21RosaWaagerechte Rocktaschen,
22-24RosaSenkrechte Rocktaschen
Tabelle 1: Abzeichenfarben im Ancient Régime

Unter Napoleon I.

Der Zweispitz wurde 1804 durch einen Stahlhelm ausgetauscht, dessen Bügel und Schuppenketten aus Messing und der Turban aus schwarzem Fell bestanden. Der Helm besaß einen langen Schweif aus schwarzem Rosshaar.

Da jedes Regiment die Helme selbst beschaffen musste, gab es hier zahlreiche verschiedene Varianten- ja nach Geschmack des Regimentchefs. Offiziere achteten zudem auf eine bessere und hochwertigere Verarbeitung, beispielsweise ließen sie die Messingteile vergoldet.

Und wer jetzt denkt, dass er die Abzeichenfarben jetzt durchschaut hat, den muss ich enttäuschen. Die haben sich nämlich geändert.

1-3ScharlachrotSenkrechte Rocktaschen, blau vorgestoßener Kragen, Ärmelpatten blau (2.)
4-6HochorangeSenkrechte Rocktaschen, blau vorgestoßener Kragen, Ärmelpatten blau (5.)
7-9JonquillengelbSenkrechte Rocktaschen, blau vorgestoßener Kragen, Ärmelpatten blau (8.)
10-12RosaSenkrechte Rocktaschen, blau vorgestoßener Kragen, Ärmelpatten blau (11.), in Waterloo ohne Kürass (11.)
13. und 14.WeinrotSenkrechte Rocktaschen, blau vorgestoßener Kragen
Tabelle 2: Abzeichenfarben unter Napoleon I.

Im Laufe der Zeit wurden wie bei den meisten Einheiten die Rockschöße kürzer.

Aber um die recherchierende Autorin nun ganz zu verwirren, erhielten die Kürassiere 1805 die Abzeichen einer Elite-Kompanien, also rote Federstutze (bei vielen Offizieren weiß), Epauletten und blaue, manchmal aber auch weiße Granatabzeichen auf den Rockschößen.

Abb. 2: Die Kürassiere des 5. Regiments (Quelle: Andreas Springer)

Im Laufe der Zeit ließ wie in fast allen Bereichen auch die Qualität der Kürasse stark nach. Dennoch war ihr Gewicht weiterhin nicht zu unterschätzen. Stürzte ein Reiter, hatte er im Schlachtgetümmel große Schwierigkeiten sich wieder auf die Beine zu kämpfen.

Die Bewaffnung

Als Hauptwaffe trug ein Kürassier einen Pallasch bei sich. Das ist ein gerader Reitersäbel von ca. 110cm Länge (davon ca. 90cm Klinge). Hinzu kamen zwei Pistolen. Erst im Winter 1811 kam zudem der Karabiner dazu, weshalb der Kürassier nun zusätzlich eine Patronentasche tragen musste oder seine Munition in einem Sattelhalfter unterbringen musste. Als 1813 der Mangel an Waffen kritisch wurde, mussten die Kürassiere ihre Karabiner wieder abgeben.

Abb. 3: Das Heft des Pallaschs (Quelle: privat)

Ist der Pallasch nicht wunderschön? Meiner meiner ehemaligen Helfer in der Recherche hat im Frühjahr 2021 ein Originalstück erworben und ich durfte ihn mir ansehen- ich habe alles versucht, dass er das Teil bei seinem Besuch bei uns vergisst, aber da hat er zu genau aufgepasst.

Der Pallasch wurde nicht als Hieb-, sondern als Stichwaffe verwendet und senkrecht vor dem Körper geführt. Laut Literatur wiegt ein Pallasch ca. 1400g, was ich nicht glaube, denn ich konnte das Teil in der Position kaum eine Minute halten.

Abb. 4: Gesamtaufnahme eines Pallaschs (Quelle: privat)

Die Aufgaben

Die Kürassiere hatten gewiss mit ihren glänzenden Kürassen eine beeindruckende Wirkung auf den Feind. Gegen Säbelhiebe schützte dieser verlässlich, gegen Gewehrsalven nur bedingt. Da sie in der Ausstattung und im Unterhalt sehr teuer waren und zudem zur Elite gehörten, wurden sie meist bis zum passenden Augenblick zurückgehalten.

Die Kürassiere gehörten zur schweren Schlachtenkavallerie und wurden oft eingesetzt, um einen Durchbruch in den feindlichen Linien zu erzwingen- was man sich recht gut vorstellen kann. Die Wucht, mit der die schwere Reiterei auf die feindliche Infanterie getroffen war, war gewiss gewaltig. Am häufigsten wurden die Kürassiere dann eingesetzt, wenn die feindliche Infanterie sich bereits im Kampf gegen die französische befand und keine Verteidigungskarrees bilden konnte, denn dagegen konnten selbst die gepanzerten Reiter nicht viel ausrichten.

 

Kleine Kostprobe gefällig?

Im Film „Colonel Chabert“ von 1994 kann man sich einmal ein Bild davon machen, wie es ausgesehen hat, wenn die Kürassiere angegriffen haben. Das Ganze sah mehr als beeindruckend aus und ich will nicht wissen, was der Feind gedacht hat, wenn so eine Horde Kürassiere mit gezogenem Pallasch auf einen zugeschossen kam.

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Zwei kleine Anekdoten zum Schluss

  1. Man erzählt sich, dass ein Mann, der Kürassier werden wollte, eine Aufnahmeprüfung bestehen musste. So musste er in drei Stunden drei Damen beglücken, drei Flaschen Champagner trinken und 30km zu Pferde zurücklegen.

  1. Als das 13. Regiment 180 neu ausgestattet wurde, befand es sich noch in Spanien. Blaues Tuch war Mangelware und so griff man zu den Stoffen, die zur Verfügung standen: braunes Tuch, welches eigentlich für Mönchskutten gedacht gewesen war und Bettlaken- die Herren Kürassiere müssen sehr spannend ausgesehen haben!

Liebe Grüße

Quellen:

Emir Bukhari und Angus McBride, Napoleon’s Cuirassiers and Carabiniers, Osprey Publishing, London 1977, 25. Auflage 2007.

5-éme Régiment de Cuirassiers

Abbildungsquellen:

Kürassiere: www.andreasspringer.de

Zeichnung Kürassiere: Richard Knötel, Uniformenkunde, Lose Blätter zur Geschichte der Entwicklung der militärischen Tracht, Band 1, Blatt 03 (1807).

Pallasch: private Sammlung eines meiner ehemaligen Experten aus der Recherche

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