Wie sah ein französisches Heereslager aus?
Kurz und knapp: Nicht so, wie auf meinem Beitragsfoto 🙂
In meinem Roman „Das Flüstern des Löwenzahns“ geht es um das Leben der französischen Soldaten und der Armeeangehörigen an der Elbfront im Jahr 1813. Doch wie sah dieses auch an anderen Kriegsschauplätzen aus? Darum soll es in diesem Beitrag von „Kakao, Kuchen und Musketen“ gehen.
Soldaten auf dem Marsch
Wenn man die Fotos von meinen schreeeecklich verwöhnten Reenactors und ihren Biwaks sieht, dann sieht man immer makellose Reihen blütenweißer Zelte (von den versteckten Wärmflaschen in den Zelten fange ich jetzt nicht an!). So auch auf dem Beitragsfoto. Zelte waren für die einfachen Soldaten auf dem Marsch ungewöhnlich. Kaiser Napoleon bildete sich viel darauf ein, dass seine Armee die schnellste ihrer Zeit war, und gewaltige Distanzen innerhalb kürzester Zeit zurücklegte.
Man geht davon aus, dass ein Soldat durchschnittlich 30 Kilometer am Tag zurücklegen musste. Das wäre kaum möglich gewesen, wenn die „Jungs“ morgens erst einmal ihre Zelte hätten abbauen müssen, um abends in der Dämmerung wieder zusammenzubauen und man dann erst auf die Suche nach den Heringen gegangen wäre, die der Kamerad wieder einmal verlegt hatte. Andere Armeen hingegen leisteten sich diesen Luxus, die Franzosen bis kurz nach der Revolution ebenfalls. Danach wurden sie sukzessive abgeschafft.
Warum habe ich dennoch dieses Bild für meinen Beitrag gewählt?
Im Vordergrund sieht man Darsteller der 22. Demibrigade, die (Achtung Schleimerei!) noch etwas härter im Nehmen sind. Sie handhaben es wie die Soldaten dieser Zeit. Geschlafen wird auf dem nackten Boden, im besten Fall mit etwas Stroh ausgepolstert. Man deckte sich mit dem Uniformrock oder später mit dem Wintermantel zu, selten hatte man Decken.
War das Wetter sehr mies, baute man sich unter Bäumen Unterstände und nutzte dafür alles, was man gerade zur Hand hatte. Auch im Straßengraben wurde manchmal genächtigt. Aber wie sagte Kaiser Napoleon einmal so nett:
„Die wichtigste Tugend des Soldaten ist die Resistenz gegen Erschöpfung und Entbehrung. […] Entbehrung, Armut und Not sind die beste Schule für einen Soldaten.“
vgl. „La Grande Armée“ S. 31
Und wenn man länger an einem Ort verweilte?
Dann wurde fleißig einquartiert. Das freute dann besonders die heimische Bevölkerung, denn wer fand es nicht total super, feindliche Soldaten in den eigenen vier Wänden zu beherbergen und mit ihnen die wenigen Lebensmittel zu teilen. Oftmals wurden dafür Privathäuser genommen, häufiger aber Scheunen und Ställe. Die Pferde stellte man dann auch mal gerne in den ohnehin geplünderten Kirchen unter. Die französische Armee stellte für diese unfreiwilligen Herbergen Scheine aus, unter dem Versprechen, dass die Leute eine Entschädigung erhielten. Faktisch waren diese Scheine wertlos. Beides beschreibe ich in meinen Roman „Das Flüstern des Löwenzahns“.
Es gibt zahlreiche Anekdoten über die Konflikte, die diese Einquartierungen mit der einheimischen Bevölkerung mit sich brachten. Da gibt es natürlich Geschichten von unehelichen Kindern zwischen Soldaten und Frauen der besetzten Gebiete, aber auch abenteuerliche Erzählungen. In meinem Debütroman „Als das Schneeglöckchen fliegen lernte“ gehe ich auf eine solche Geschichte ein.
So hatte in einem Dorf nahe Heinsberg ein Wirt beobachtet, wie ein französischer Soldat einer älteren Dame, die Wasser in ihre Wohnung tragen wollte, unter großen Gesten und lautem Lamentieren den Wassereimer kurzerhand abnahm. Der Wirt fackelte nicht lange und schlug dem Franzosen den Schädel ein (wobei nicht eindeutig belegt ist, ob er das mit einem Topf, einer Pfanne oder besagtem Wassereimer tat) und musste daraufhin natürlich vor der Strafverfolgung flüchten. Das Tragische an der Geschichte war, dass der Franzose der älteren Dame nur hatte helfen wollen, aber ihre Sprache nicht sprach.
Für den spanischen Feldzug hingegen sind auch Holzhütten belegt, welche die Soldaten bauten, um vor der Witterung geschützt zu nächtigen.
Eine typische Jocelyn-Frage: Wie riecht es in so einem Biwak?
Bei heutigen Gefechtsdarstellungen
Für meine Romane sind solche Eindrücke immer immens wichtig, daher war das immer eine meiner ersten Fragen an meine Experten. Aber auch bei den Gefechtsnachstellungen stehe ich meistens da und lasse die Gerüche auf mich wirken- wobei die wahrscheinlich deutlich leichter erträglich sind, als damals. Heute riecht so ein Biwak angenehm nach gemütlichem Lagerfeuer, manchmal ein wenig nach abgebranntem Schießpulver und dem Essen der Darsteller und oft nach Pferdemist. Aber selbst wenn man als Zuschauer nur wenige Stunden zwischen den Lagerfeuern verbracht hat oder einmal während einer Schlachtnachstellung in den Dunst einer abgefeuerten Kanone gerät, müffelt man am Ende anständig.
Früher
Der Gestank muss fürchterlich gewesen sein. Der Geruch der nahen Latrinen und des Pferdemists wehte herüber. Dazu kam der Geruch der Soldaten in ihren Uniformen, die selten gewaschen wurden, um das Material nicht zusätzlich zu verschleißen. Wahrscheinlich roch man die Grande Armée zehn Meilen gegen den Wind, Überraschungsangriffe waren daher selten. Hinzu kam der Geruch des Schwarzpulvers, des Essens.
Da auch Handwerker vom Sattler über den Schmied bis zum Büchsenmacher zum Armeetross gehörten, kamen weitere Gerüche und Geräusche hinzu. Amüsant fand ich eine historische Quelle, die berichtete, dass ihm auf dem Feldzug am meisten der Geruch von frischem Kaffee in der Nase geblieben war. Wahrscheinlich waren die Geruchsnerven einfach abgestorben.
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Liebe Grüße
Quellen:
Robichon, Francois /Gueth, Francis: La Grande Armée par Victor Huen. 2004
Martin Mas, M.A.: La Grande Armée- Die Geschichte der Armee Napoleons. Berlin 2013
Markov, Walter: Grand Empire. Sitten und Unsitten der Napoleonzeit. Leipzig 1984.
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.): Napoleon am Rhein. Wirkung und Erinnerung einer Epoche. Köln 2012.
Foto Beitragsbild: A. Drechsler