Gefechtsnachstellung Jena 2022

Am Wochenende war ich wieder einmal auf Recherchereise für meine Romane. Dieses Mal in Jena zum 215.+1 Jahrestag der Schlacht bei Jena und Auerstedt (in manchen Quellen auch: Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt). Nachdem ich von Waterloo in diesem Jahr aufgrund der unverschämten Preise und der etwas spärlichen Biwaks etwas enttäuscht war, habe ich mich für die Recherche zu meinem Spanienroman wieder an den Rand eines Schlachtfelds gewagt und davon möchte ich euch in diesem Beitrag zu „Kakao, Kuchen und Musketen“ berichten.

Die Schlacht bei Jena und Auerstedt- Was war denn da schon wieder los?

Der Name lässt es schon vermuten; es handelt sich um zwei seperate kämpferische Auseinandersetzungen, die jedoch in engem Zusammenhang zueinander stehen. Dabei schlug sowohl Napoleon am 14. Oktober 1806 mit seiner Hauptarmee ein preußisch sächsischen Korps, während fast zeitgleich sein Marschall Davout mit seinen Leuten bei Auerstedt die preußische Hauptarmee unter dem Herzog von Braunschweig vernichtend schlug. Die Hauptursache der Niederlage ist dabei in dem Zaudern des preußischen Königs Wilhelm III und dem Herzog von Braunschweig zu sehen. Ein klassisches französisches Doppel also.

La Bataille d’Iéna, 14 octobre 1806, Horace Vernet,1836

Obwohl die Doppelschlacht zu einer Zäsur in der Geschichte Preußens führte, beendete sie noch nicht den Vierten Koalitionskrieg. Preußen zog aus der Niederlage jedoch weitgehende Konsequenzen, die unter anderem dazu führten, dass das Königreich 1813 wiedererstarkt in den Kampf gegen den Kaiser der Franzosen ziehen konnte.

Interessant ist aus meiner Sicht als Germanistin immer, wenn sich meine beiden Fachgebiete Germanistik und Geschichte hier ein wenig überschneiden. So ist der Name Jena (zusammen mit Weimar) für mich stets mit den beiden Schriftstellern Friedrich von Schiller und Johann Wolfgang von Goethe verbunden. Letzter erlebte die Auswirkungen der Schlacht besonders akut mit, da sein Haushalt ebenfalls von den französischen Soldaten am Abend nach der Schlacht geplündert und er bedroht wurde. Wirklich bedauerlich ist dabei lediglich, dass die Franzosen dabei Goethes etwas krude Aufzeichnungen zur Farbenlehre nicht einkassiert zu haben scheinen.

Henri Chartier, 1895

Aber auch aus der Sicht zweier Kommandeure der Schlacht ist dieses Ereignis für meine Romane wichtig. Einerseits spielt der oben bereits erwähnte Marschall Davout in meinem Roman „Das Flüstern des Löwenzahns“ eine wichtige Rolle. Gleichzeitig führte General Joachim Murat, zu diesem Zeitpunkt Großherzog von Berg, in dem einer meiner meiner nächsten Romane „Von Löwen und Gänseblümchen“ spielt, die Kavallerie.

Die Schlachtnachstellung

Dieses Mal sind wir es auf einen lieben Rat hin umgekehrt angegangen und sind- besonders weil mein Mann und ich die Kinder dabeihatten- zuerst zur Gefechtsdarstellung gefahren und danach zum Biwak. Ich muss dazu sagen, dass das jetzt unsere vierte Gefechtsnachstellung innerhalb eines Jahres ist. Und irgendwie scheitert es immer an denselben Dingen- aber eines nach dem anderen.

Jena 2022

Angefangen hat es damit, dass ich glücklicherweise von einem meiner Kontakte den Ablaufplan für die teilnehmenden Truppen erhalten habe. Dieser unterschied sich leider jedoch von den rudimentären Plänen, die für die Zuschauer im Internet zu finden waren, z.B. HIER. Eine vernünftige Internetseite wäre vielleicht sinnvoll. Da gehören dann die Infos des Flyers über Munition etc. hin.

Diese Ablaufpläne waren für Zuschauer mehr als unglücklich. Die Biwaks öffneten schon morgens, danach gab es eine Generalprobe, eine Mittagspause und damit Leerlauf für Besucher. Interessante Vorträge gibt es erst am Sonntag. Und über vier Stunden Leerlauf ist mit keinem noch so schönen Bauernmarkt der Welt zu füllen.

Glücklicherweise bekamen wir von meinem Kontakt auch eine sehr kreativ verfasste Anfahrtsskizze mit den gesperrten Straßen und den Parkplätzen, denn vor allem Letztere waren nicht großartig im Internet erwähnt. Auch die Beschilderung auf der Straße ließ zu wünschen übrig.

Ähnlich verhielt es sich übrigens bei der Beschilderung, wo sich die Zuschauer aufzustellen haben. Auf einmal teilte sich der Weg, die Leute waren einfach nur irritiert, wo es was zu sehen geben würde. Aber, was ich wieder einmal ganz deutlich hervorheben möchte: Die Herren und Damen der freiwilligen Feuerwehr und an den Kassen waren so freundlich, gut gelaunt und herzlich, dass man gerne etwas geplaudert hat. Man erhielt zudem einen Flyer mit Sicherheitshinweisen (super!) und Informationen, die wohl als wichtig erachtet wurden.

Kommen wir zum Gefecht: Das Gefecht fand auf einem dreieckigen Landstück inmitten von Feldern statt, die durch eine größere Baumgruppe getrennt wurden. Wir standen einem Tipp folgend bei den Alliierten direkt neben den Geschützen. Und gegenüber in einiger Entfernung fanden sich nach und nach die Franzosen ein, die man sehr deutlich hören konnte. Das klingt jedes Mal fantastisch, wenn man dieses laute „En avant“ zu hören bekommt.

Geschütze im Biwak

Nun war auf dem beiliegenden Flyer bereits angekündigt worden, dass die Schlacht bei Jena nur grob dargestellt werden sollte, aber nicht welche Züge der Schlacht und das hat viele Zuschauer irritiert. So fand der erste Teil des Gefechtes auf der anderen Seite dieses Dreiecks statt, die Alliierten bei uns standen herum. Das haben die meisten Leute nicht verstanden und es war auch für die meisten Leute nicht viel zu sehen. Gerade die Kinder haben sich massiv gelangweilt.

Als die Schlacht schließlich ihren Höhepunkt erreichte und die Franzosen das erste Mal auf unsere Seite vorrückten, wurde es besser. Beim Rückzug der Franzosen waren sehr viele Leute dann der Ansicht, dass die Franzosen nun geschlagen seien und verließen ihre Plätze. Man hörte von vielen Seiten auch, dass das Gefecht sich zu lange hinzöge. Dementsprechend war es sehr unruhig und ungemütlich.

Die Biwaks

Das Biwak haben wir sofort im Anschluss an die Schlacht besucht. Dieses gefiel mir in seiner Aufteilung besonders gut (besonders nach dieser Franzosen-Massenhaltung in Waterloo). Es war angenehm, eine nette Atmosphäre. Wir kamen gerade an, als Mark Schneider, der den Napoleon so genial darstellt, mit seinen Leuten zurückgekehrt ist und dabei ist auch dieses Foto entstanden. Mark Schneider ist mir dabei wieder als sehr höflicher und zugewandter Darsteller aufgefallen, der meine Kinder und mich sehr nett gegrüßt hat.

Mark Schneider als Napoleon Bonaparte, Jena 2022

Das Biwak war recht übersichtlich. Es gab einen Einblick in das Zelt der Offiziere, dahinter lag die Garde, unsere Linieninfanterie und die leichte Infanterie. Nur zehn Meter entfernt lagen die Zelte der Alliierten. Das fand ich sehr angenehm, dass man nicht zwischen zwei Lagern wechseln musste. Auch wurde man sehr freundlich empfangen. Die preußischen Soldaten haben meiner kleinen Tochter ihre großen Töpfe gezeigt und angeboten, dass sie probieren darf. Mein Sohn konnte in Ruhe das Geschütz inspizieren.

Besonders spannend fand ich die Ankunft des (man korrigiere mich) 1. Bataillons der Franzosen, das nach der gewonnenen Schlacht und des Fußmarsches geordnet und SINGEND im Lager ankam, von ihrem Offizier noch einmal gelobt für die kommenden Stunden instruiert wurden (dreisprachig) und sich mit dem Aufbau ihrer Schlafstätten eine besondere Mühe gegeben haben.

Das 2. Bataillon hingegen kam tröpfchenweise an (Schande, meine Herren) und so war es aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit nur noch möglich, einige wenige kurz zu grüßen und für einen kurzen Plausch stehen zu bleiben.

Fazit

Ich werde nicht müde, zu unterstreichen, wie aufwändig ich diese Veranstaltungen finde und wie toll es ist, dass so Geschichte lebendig gehalten wird und praktisch ausgetestet wird. Allein, als ich (auch wieder in den Unterlagen der Darsteller) gesehen habe, was alles gestellt wurde, wie versucht wurde, möglichst viel bereitzustellen und kurze Wege zu realisieren. Die Darsteller investieren so viel Zeit und Geld in ihre Uniformen und den perfekten und sicheren Ablauf dieser Gefechte, dass sie meinen vollen Respekt haben. Und ich weiß selbst, wie aufwändig die Planung eines solchen Events für alle Beteiligten ist.

Aber was sich manche Veranstalter denken, will mir nicht in den Kopf. Da jammert man, dass der Nachwuchs für dieses Hobby ausbleibt, aber als Zuschauer fühlt man sich manchmal, als würde man stören. Warum muss ich jetzt schon zum zweiten Mal einen Darsteller bitten, damit ich weiß, wo was wann ist? Ich würde das in den Sozialen Medien und auf einer Internetseite riesig aufziehen.

Das 1. Bataillon bei der Rückkehr ins Biwak

Aber warum schildert man Fahrtrouten nicht aus? Beschriftet das Schlachtfeld? Warum veröffentlicht man so einen Ablaufplan, der für Zuschauer komplett unattraktiv ist? Wer als Familie für das Gefecht anreist, kommt kein zweites Mal am Sonntag, um sich das Biwak mit seinen Vorträgen anzusehen. Es ist löblich, allen Zuschauern einen Flyer zu geben, aber warum ballert man da ellenlange Texte drauf, anstatt in kurzen Worten zu erklären, wer warum auf diesem Schlachtfeld stand und den Leuten dann zu helfen, die Nachstellung zu verstehen. Alles weitere gehört in ein kostenpflichtiges Heft oder auf eine Webseite.

Mit Ausnahme der Gefechtsdarstellung an der Göhrde habe ich es bislang noch nirgendwo gesehen, dass die einzelnen Truppenteile im Gefecht (eine Uniformenmodenschau ist dagegen auch nachher noch eine super Sache!) erklärt wurden. Dann wird man von allen Seiten gefragt: Warum ist da die bayrische Fahne? Wer sind die Blauen? Warum druckt man nicht eine Abbildung meinetwegen der gängigsten Uniformen ab, damit der Zuschauer einen Durchblick hat?

Und auch die Größe des Schlachtfeldes war problematisch. Ja, ich verstehe, warum es so gewählt wurde. Aber für Zuschauer ist es unattraktiv. Am Anfang sieht man nichts und ganz ehrlich, bis für den Laien und die anwesenden Kinder etwas passiert, dauert es unfassbar lange. Ich verstehe daher auch die gewählten Abläufe, aber jemandem, der kommt, der „einfach nur mal gucken will“ ist das Ganze super unattraktiv und sorgt dann dafür, dass die Leute gehen. In Massen. Wie heute. Auch ich habe zum ersten Mal gedacht: Kommt doch einmal in die Pötte! Langsam wird es etwas kalt! Und das ist doch schade, bei der Mühe, die dahintersteckt. So ein Gefecht ist die beste Werbung. Das muss man sofort nutzen. Man muss sofort über das Hobby aufklären, sich interessant machen und den Leuten die Möglichkeit geben, Fragen zu beantworten.

Unterstand der französischen Soldaten

Ich finde zudem aber auch, dass der Aufklärungsaspekt, der beispielsweise an der Göhrde großgeschrieben wurde, auch hier zu kurz kam. Gerade in Zeiten des Ukraine-Krieges würde ich mir wünschen, dass mehr darauf eingegangen wird, aus welchen Gründen die Darsteller dieses Hobby unterhalten, da unter vielen Zuschauern das Vorurteil haften bleibt, dass viele Darsteller lediglich gerne „herumballern und Krieg spielen (übrigens fiel auch im MDR-Beitrag genau diese Formulierung)“. Warum erwähnt man nicht, wie die Sicherheit der Darsteller garantiert wird? Welche Aufgaben die Vereine noch übernehmen, z.B. im Bereich Forschung, Erhaltung und Denkmalpflege?

Da kann man doch auch auf so einem Flyer kurz drauf hinweisen. Oder man nutzt eine solche Veranstaltung auch für Spenden, um den ersten Hintergrund hervorzuheben.

Friedlich liegt das französische Biwak da (sind ja noch alle auf der Arbeit)

Oje, das war wirklich wieder viel Meckerei, was ansonsten gar nicht meine Art ist. Mir ist allerdings wichtig deutlich zu unterscheiden. Die Darsteller haben ihren Job fantastisch gemacht. Ihr saht toll aus, es sah genial aus, was ihr getan habt. Aber bei den Veranstaltern wurde das Thema deutlich verfehlt.

Die Gefechtsdarstellung in den Medien

https://www.ardmediathek.de/video/mdr-thueringen-journal/216-jahrestag-reinszenierung-der-schlacht-von-jena-und-auerstedt/mdr-thueringen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy8xZGNiOTIzMS01OWQ0LTQwOTktYjBlOC1iNWJmZDJkNmNiZGE

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Liebe Grüße

Musketen

Überarbeitet und aktualisiert am: 17.10.2022

Quellen:

Alle verwendeten Gemälde sind gemeinfrei!

Foto Titelbild: Peter Lutz via Pixabay

Themen:

Allgemein, Biwak, Gefechtsnachstellung, Jena, Kakao Kuchen und Musketen, Kakao, Kuchen & Musketen, Recherche, Reenactment

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