Gefechtsnachstellung in Leipzig

Am vergangenen Wochenende war es wieder soweit: für meinen Mann und mich ging es auf Recherche-Reise. Dieses Mal ging es zur Gefechtsnachstellung der Völkerschlacht von Leipzig und davon möchte ich euch in diesem Post von „Kakao, Kuchen und Musketen“ berichten.

Die Planung

Unter Corona-Bedingungen zu verreisen, selbst innerhalb von Deutschland und dann noch dazu zu einer größeren Veranstaltung mit vielen Menschen an einem überschaubaren Ort finde ich im Moment immer noch als Herausforderung. Nachdem dann bereits im Spätsommer das eigentliche Gefecht und das Biwak in Liebertwolkwitz abgesagt worden waren, habe ich immer etwas skeptisch auf die Corona-Inzidenz gelinst- nicht, dass das Ganze doch noch abgesagt wird.

Einen großen Schritt gab es dabei im Vorfeld: Ich habe mich nämlich zum ersten Mal für die Schlacht akkreditieren lassen. Ein großes Dankeschön gilt dabei an den Vorsitzenden des VJV Leipzig 1813 e.V.

Die Anreise

Am Freitag ging es dann also von Köln nach Leipzig zu unserer Pension in Leipzig. Abends haben wir dann noch das kleine Dörfchen erkundet und eine Kirchruine besichtigt.

Die Biwaks

Dieses Mal gab es zwei Biwaks. Eines in Dölitz, wo hauptsächlich die Alliierten untergebracht waren, und eines in am Torhaus in Markkleeberg, wo hauptsächlich die Franzosen kampiert haben. Zuerst haben wir die Alliierten besucht und ich stelle jedes Mal wieder fest, was ich da für einen Nachholbedarf habe. Okay die Schwarzen Braunschweiger und die Lützowschen Soldaten erkenne ich inzwischen recht sicher. Aber der Rest?

Seit Wochen brüte ich über Uniformbüchern und dann sehe ich einen in seiner Uniform, ein Detail weicht ab, und ich stehe wieder komplett am Anfang. Im Biwak waren wir dann auch dabei, wie die Artillerie geprobt hat. Zwischenzeitlich hatte ich mit meinem Mann gesprochen gehabt, ob es nicht auch an der Zeit wäre, den Preußen und allen drumherum mehr Bühne zu geben und sie in den Mittelpunkt eines Romanes zu stellen- statt immer nur die Parlevus.

Foto 1: Preußen und Tiroler Jäger (Quelle: Andreas Springer)

Beim Besuch in Markkleeberg habe ich dann aber festgestellt, dass ich bei der Recherche einfach mein Herz an die Grande Armée verloren habe. Die prächtigen Uniformen, die kleinen Anekdoten und Geschichten, die hinter allen Details stecken. Es passt einfach.

Foto 2: Biwak der Franzosen am Torhaus in Markkleeberg (Quelle: Jocelyn Garber)

Im Biwak habe ich dann einen meiner liebsten Rechercheexperten, den Sappeur Guido getroffen, der mir seinen Chef de Bataillon noch auf dem Gefechtsfeld vorgestellt hat. Ich freue mich immer, wenn ich meine Leutchen aus der Recherche Auge in Auge treffe. Das sind immer die kleinen Highlights der Reisen. Cool waren auch die neuen Kontakte, die ich knüpfen konnte. Zum Beispiel zum lieben Erik, den ich bislang nur von Instagram her kannte.

Dabei bin ich dann immer noch jedes Mal schrecklich nervös. So habe ich mich allen immer direkt mit meinem richtigen Namen vorgestellt, anstatt mit Jocelyn Garber. Irgendwann wachse ich in das Pseudonym. Irgendwann. Bis dahin vertraue ich auf eure Verschwiegenheit, meine Herren.

Das Gefecht

Das war wie immer beeindruckend. Erst einmal beeindruckend verspätet (es geht ja das Gerücht um, dass der preußische Munitionswagen vom Ordnungsamt abgeschleppt wurde). Dann beeindruckend laut (Himmel, diese Kanonen) und dann beeindruckend siegreich für meine Grande Armée (welch Sensation: die Franzosen siegen ausnahmsweise in Leipzig).

Das Gefecht war deutlich größer und komplexer als noch an der Göhrde im September und damit noch eindrucksvoller. Allein die deutlich stärkere Kavallerie und die zahlreichen Geschütze waren absolut sehenswert.

Foto 3: Die sächsische Artillerie im Einsatz (Quelle: Antonia Drechsler)

Dabei hatte ich dann einen dieser seltenen Autoren-Momente: Weil ich mehrfach mit den beiden Fotografen vor uns am Zaun gesprochen habe und eben auch mehrfach Soldaten der Grande Armèe zu uns kamen, hat mich eine Frau angesprochen, wer ich denn sei. Und als ich ihr erklärt habe, dass ich Jocelyn Garber, eine freischaffende Autorin sei, war sie echt beeindruckt.

Foto 4: Der Preis für die beste Darstellung eines verwundeten, mehrfach vom Bajonett durchbohrten, aber auf magische Weise wieder auferstandenen Soldaten geht dieses Mal an ihn: Die Preußen bergen einen „Verwundeten“ (Quelle: Andreas Springer)

Die Sache mit der Sicherheit

Ich kenne es teilweise schon aus einigen Leseremails, an der Göhrde habe ich andere Zuschauer darüber sprechen hören und jetzt kamen wieder dieselben Fragen, Bedenken und Vorurteile auf. Besonders die Frage nach der Sicherheit für Zuschauer und Darsteller wurde immer wieder gestellt. Viele Leute wissen nicht, wie die Musketen und Kanonen geladen werden, und fürchten, dass es Unfälle mit versehentlich eingesetzten Kugeln, Platzpatronen oder Patronensplittern geben könnte. Immer wieder fällt der Satz „Wenn da jetzt eine Kugel versehentlich reingeraten ist…“

Foto 5: Die Soldaten der Grande Armée auf dem Weg in die Schlacht, die Musketen werden im Vorfeld der Schlacht kontrolliert (Quelle: Andreas Springer)

All diese Einwände und Fragen kann ich absolut nachvollziehen und habe mich daher heute noch einmal mit meinen beiden Lieblingsexperten darüber ausgetauscht (das Schleimerei-Level wäre damit erfüllt :D) .

Also auch an dieser Stelle noch einmal: es wird nur Schwarzpulver verwendet. Da die fertig gedrehten Patronen keine Kugel oder anderen Geschosse oder Geschossteile enthalten, können die Darsteller sich auch nicht versehentlich „vergreifen“. Abgesehen davon, dass ein erfahrener Schütze schon am Gewicht der Patrone merken würde, wenn da eine Kugel drinsteckt. Die merken ja schon am Gewicht, wenn man ein oder zwei Gramm weniger Schießpulver eingefüllt hat. Wie die Patronen hergestellt werden, erfahren Sie HIER.

Die Musketen werden vor jedem Gefecht von einem der Unteroffiziere auf ihre Funktionstüchtigkeit geprüft. Gecheckt wird auch, ob sich beispielsweise ein Schuss nicht gelöst hat und der Schütze es im Eifer des Gefechtes nicht bemerkt hat.

Das was beim Schuß herausgeschleudert wird, ist lediglich das Papier, das zum luftdichten Verschließen und Verdichten benutzt wird. Bei den Kanonen wird oft Mehl benutzt, was den interessanten Geruch erklärt. Je nach Situation zielen die Schützen auch nicht auf die Gegner, sondern etwa 15 Meter von sich entfernt auf den Boden.

Und auch beim Angriff der Kavallerie kamen jedes Mal dieselben Fragen auf: können sich die Tiere an den Bajonetten nicht verletzen? Nein, da die Musketen mit den Bajonetten bei einem Kavallerieangriff nach oben gerichtet gehalten werden. Auch kniende Infanterie richtet die Bajonette nicht gegen die Pferde.

Und was gab es sonst so?

Eine Waffenbörse, bei der es mich ordentlich in den Fingern gejuckt hat, mir nicht doch noch einen Säbel zu kaufen, damit mein Sabre Briquet nicht so einsam ist. Spannend war es auch, bei der Gefechtsdarstellung wie ein paar Frauen in der Infanterie mitkämpfen zu sehen. Sie haben meinen vollsten Respekt, denn wie schon oft gesagt: mich musste man in voller Uniform mit Muskete festhalten, damit ich nicht umgekippt bin.

Foto 6: (Quelle: Antonia Drechsler)

Und unser obligatorischer Besuch des Völkerschlachtdenkmals. Bislang hatte ich davon nur Fotos gesehen und die Größe habe ich etwas unterschätzt. Es ist wirklich beeindruckend.

Was bringt mir solch eine Veranstaltung?

Das wurde ich an diesem Wochenende ganz oft gefragt. Besonders, weil ich ja gar nicht vorhabe, direkt über die Völkerschlacht zu schreiben (das Risiko mit der fabelhaften Sabine Ebert verglichen zu werden, will ich nicht eingehen). Ich konzentriere mich eher auf die kleinen Gefechte und Schlachten der Befreiungskriege.

Foto 7: Die Franzosen auf dem Weg in die Schlacht (Quelle: Andreas Springer)

Aber es sind andere Details. Die Art, wie die Offiziere im Gefecht mit ihren Mannschaften agieren, hat mich besonders fasziniert. Da stellt sich mir die Frage, wie man das Gebrüll über eine so lange Zeit durchhält. Auch die Akustik der Kanonen und Musketen fasziniert mich jedesmal. Manchmal ist es auch ganz simpel, nämlich zu sehen, wie verschiedene Gefechtstaktiken funktionieren, die man nur vom Papier her kennt, wie ein Karree gebildet wird oder wie im zerstreuten Gefecht angegriffen wird. Und ich sammle Inspirationen, wie ich die Gefechte in meinen Romanen am besten chroreografiere.

Und ganz nebenbei hatte ich DIE Inspiration für meinen nächsten Antagonisten. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Und jetzt kommt noch der Teil mit der Werbung…

Wenn ich euer Interesse geweckt habe und ihr noch tiefer in die Epoche eintauchen wollt, werft doch einmal einen Blick in meine Romane. Sie sind als Taschenbuch oder eBook bei Amazon und überall im Buchhandel erhältlich.

Euch interessiert das Hobby meiner Experten? Dann schaut doch einmal bei ihnen vorbei. Sie suchen ständig neues Kanonenfutter 🙂

Liebe Grüße

Quellen

www.8eme.de

http://www.franke-privat.de/Sicherheit.html

Mein besonderer Dank geht an:

Andreas Springer

Antonia Drechsler

VJV Leipzig 1813 e.V.

Themen:

Allgemein, Bücher, Fakten, Gefechtsnachstellung, Geschichte, Geschichtsreise, Historischer Roman, Kakao, Kuchen & Musketen, Recherche, Reenactment, Roman, Wie der Sturm der Ewigkeit, Wie der Sturm im Frühling, Zeitreise

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